Benötigt Deutschland ein "Argonaut-Projekt"?
In einem vorherigen Beitrag ("Funktioniert Apple Health auch in Deutschland?") haben wir erläutert,
welche Voraussetzungen in den USA für die rasche Umsetzung von FHIR-Schnittstellen bei den Systemherstellern sorgen.
Dabei sind zwei Aspekte besonders interessant:
- das Subventionsprogramm im Rahmen des "HITECH Acts", das finanzielle Anreize für die Implementierung schafft
- ein fest vereinbarter Datensatz (hervorgegangen aus dem "Argonaut"-Projekt), bestehend aus etwa einem Dutzend FHIR-Ressourcen, mit fest vorgegebenen Pflichtfeldern und Terminologien, als "kleinster gemeinsamer Nenner" dieser Implementierungen.
Während sich ein 27 Milliarden dickes Subventionsprogramm für deutsche Systemhersteller im Gesundheitswesen nicht so ohne weiteres aus dem Ärmel schütteln lässt, so ist zumindest die Festlegung eines Minimal-Datensatzes, analog zu Argonaut, kein Hexenwerk.
Ein genauerer Blick in den "Argonaut Data Query Implementation Guide" zeigt, dass einige der dort definierten Ressourcen (z.B. Patient, Condition, AllergyIntolerance, Medication, Procedure...) zum Großteil über nur sehr wenige Pflichtfelder verfügen, andere (Goal, CarePlan, CareTeam) bestehen lediglich aus Freitexten oder dienen der logischen Gruppierung von Ressourcen.
Dennoch reichen die Vereinbarungen aus, um Diagnosen, Allergien, Impfungen, Medikations-, Vital- und Labordaten strukturiert und standardisiert über eine offene API zur Verfügung zu stellen.
Das Argonaut-Projekt hat darauf basierend bereits viele interessante Entwicklungen hervorgebracht, darunter nicht zuletzt die Möglichkeit für Patienten, Gesundheitsdaten auf das iPhone zu übertragen oder klinische Daten für die Forschung bereitzustellen ("Sync-4-Science"). Insbesondere für den Datentransfer zu und zwischen elektronischen Patientenakten, wie sie derzeit z.B. von der Techniker Krankenkasse betrieben werden, sind die Argonaut-Daten qualitativ und quantitativ ideal.
Um für deutsche Hersteller eine vergleichbaren Minimal-Datensatz zu erstellen, braucht es relativ wenig. Für einige der Ressourcen existieren bereits deutsche Basis-Profile, andere können ohne Änderung aus Argonaut übernommen werden.
Die größte Herausforderung besteht darin, einen adäquaten Ersatz für die in Argonaut häufig verwendeten, internationalen SNOMED-Terminologien zu finden, da für deren Nutzung in Deutschland keine landesweite Lizenz existiert und damit für Hersteller und Anwender nicht unerhebliche Lizenzkosten entstehen würden.
Das Technische Komitee für FHIR von HL7 Deutschland e.V. sucht derzeit nach Herstellern und Organisationen, die Interesse an einem "Deutschen Argonaut-Projekt" haben, sich an der Spezifikation des Datensatzes beteiligen möchten oder eine darauf basierende Implementierung erwägen.
Die Diskussion findet im internationalen FHIR-Community-Chat statt. Die Anmeldung ist kostenlos. Interessierte, Neugierige und Schaulustige sind herzlich willkommen!