Dienstag, 8. Mai 2018

Systemwechselschnittstelle nach SGB V? FHIR!

Die Änderungen des Paragraph 291d SGB V fordern die Festlegung einer System- bzw. Arztwechselschnittstelle:
In informationstechnische Systeme, die zum Erheben, Verarbeiten und Nutzen von personenbezogenen Patientendaten eingesetzt werden in
1. der vertragsärztlichen Versorgung,
2. der vertragszahnärztlichen Versorgung und
3. Krankenhäusern,
sind offene und standardisierte Schnittstellen zur systemneutralen Archivierung von Patientendaten sowie zur Übertragung von Patientendaten bei einem Systemwechsel zu integrieren. 
Einen §291 SGB V gibt es in den USA zwar nicht, jedoch einen Zusammenschluss zahlreicher Systemhersteller ("Argonaut-Projekt"), die um die rasche Spezifikation und Umsetzung von Interoperabilitätsanforderungen basierend auf dem FHIR-Standard, bemüht sind.
Die zugrunde liegenden Anforderungen lauten in den USA zwar etwas anders, z.B.:

  • Massendatenexport von pseudonymisierten Behandlungsdaten aus klinischen Systemen an Forschungseinrichtungen
  • Bereitstellung von anonymisierten Massendaten für KI-Systeme 
  • Aus-und Bewertung der Populationsgesundheit,
die hierfür konzipierte Lösung, die "FHIR Bulk Data API" deckt jedoch auch die Anforderungen an eine Systemwechselschnittstelle problemlos ab. Da das Argonaut-Projekt in dem Ruf steht, "Nägel mit Köpfen" zu machen, wird derzeit nicht nur an der Spezifikation gearbeitet, sondern auch eifrig implementiert und getestet. 

Interessanterweise findet der nächste großangelegte Test der Spezifikation ausgerechnet im Heimatland des Systemwechselschnittstellenproblems (Deutscher als ein Wort mit 35 Buchstaben wird's nicht) im Rahmen des Internationalen HL7 Work Group Meeting statt. 
Am Wochenende vom 12.-13. Mai wird in Köln programmiert und exportiert, bis die Leitungen glühen. Eine Beschreibung des zu testenden Szenarios findet sich hier.

Kurzeinführung in die FHIR Bulk Data API (engl.)



Aufgrund der modularen Architektur und der Profilierbarkeit des FHIR-Standards, ist die Spezifikation problemlos auf deutsche Gegebenheiten anpassbar. 

HL7 Deutschland e.V. arbeitet bereits seit mehreren Monaten an der Definition der deutschen Basisprofile für typische Datenobjekte, wie Patient, Organisation, Versicherungsdaten und Diagnosen. Mappings für die im niedergelassenen Bereich weit verbreiteten xDT-Formate wurden ebenfalls berücksichtigt. 

Es steht zur Erfüllung der §291-Anforderungen also eine Spezifikation zur Verfügung, die von zahlreichen Herstellern bereits implementiert und getestet wird, auf einem modernen, offenen und flexiblen Standard basiert und von einer breit aufgestellten Community von Entwicklern und Spezifizieren getragen wird.


In den kommenden Monaten werden aus dieser Community zahlreiche Tools, Frameworks, Code-Bibliotheken und Beispielimplementierungen hervorgehen, die die Umsetzung der entsprechenden Schnittstellen erheblich vereinfachen und beschleunigen.

Es bleibt zu hoffen, dass sich Deutschland den Argonauten anschließt, vielleicht im Rahmen eines "Epigonen-Projektes"?